Guter Weihrauch, schlechter Weihrauch – Eine Frage der Qualität?

Worin unterscheidet sich eigentlich guter und schlechter Weihrauch? Gibt es da Qualitätskriterien? Wir möchten Ihnen gerne zeigen, dass mit dieser vergleichsweise einfachen, und berechtigten Frage ein sehr komplexes Feld an Themen angeschnitten wird.
Man könnte zum Beispiel sagen, wenn er für mich beim Räuchern angenehm und wohltuend riecht, ist er gut. Das ist mit Sicherheit schon mal ein wichtiger Faktor. Zumindest für alle, die Weihrauch zum Räuchern verwenden. Wobei er oft weniger mit der Qualität des Weihrauchs zu tun hat, sondern eher mit seiner Herkunft, dem Baum, vor allem wie geräuchert wird und mit persönlichen Erinnerungen beim Geruch des Weihrauchs.

Dann könnte man als Qualitätskriterium nehmen, dass er eine bestimmte Wirkung haben soll. Dem Rauch wird zum Beispiel Konzentrationsförderung, Entspannung, Reinigung, Klärung und Harmonisierung nachgesagt.
Dem Weihrauch als Sud, Pulver, Stücke oder Tabletten eingenommen, werden aufgrund entzündungshemmender (antiinflammatorischer) Eigenschaften, unter anderem positive Wirkungen bei Erkrankungen des Magen- Darmtraktes und der Gelenke nachgesagt.

Für wieder andere ist es wichtig, welche Form, Farbe, Transparenz und Reinheit die Weihrauchstücke haben.

Wenn man die Qualität des Weihrauchs als bestimmte chemische Zusammensetzung betrachten wollte, würde man gemäß einem Bericht der meistverkauften omanischen Zeitung „Muscat Daily” vom 30.12.2012 überraschend lesen, dass Untersuchungen von Dr Hisham Abdul Khader, außerordentlicher Professor der Chemie am College of Sciences an der Sultan Qaboos University, ergeben haben, dass der Al Hojari Grad 1, als höchste Weihrauchart und -sortierung einen Gehalt an ätherischen Ölen von ca. 8,5% hat. Der Najdi, benannt nach einer anderen Gegend in der Dhofar Region, hat 5,5%, der Shathari 5% und der allgemein als niedrigste Art betrachtete Shaabi……aber wieder 7%. Das würde ihn schon wieder in die Nähe des Al Hojari bringen. Wenn Sie ihn aber Räuchern, wird der, für den der Duft des Weihrauch ein entscheidendes Merkmal ist, allerdings vermutlich lautstark protestieren. An den feinen, zitronig, minzigen Duft des Al Hojari Grad 1 reicht ein Shabi bei weitem nicht. Bei der anschließenden Untersuchung der antibakteriellen Eigenschaften der extrahierten ätherischen Öle, wurde bei allen 4 Arten gleich hohe antibakterielle Eigenschaften gemessen. Das könnte wiederum ein interessanter Aspekt für die medizinische Wirkung sein, wenn man denn schon genauere Studien hätte, was genau die medizinische Wirkung eigentlich ausmacht.

Die positiven medizinischen Effekte von Weihrauch konnten dagegen in verschiedenen Pilotstudien durchaus nachgewiesen werden, wenn auch noch eine vollständige klinische Studie fehlt. Die Boswelliasäuren stehen im Ruf für die positiven medizinischen Wirkungen verantwortlich zu sein. So betrachten manche den Gehalt der verschiedenen Boswelliasäuren als Qualitätsmerkmal. Allerdings legen verschiedene Pharmako-kinetische Studien nahe, dass die Boswelliasäuren nicht allein für die medizinische Wirkung des Weihrauchs verantwortlich sein können. Was wiederum eine Qualitätseinteilung nach diesem chemischen Stoff nicht allein hilfreich macht.

Zuletzt möchten wir noch eines der sogenannten Sortierkriterien des Weihrauchs als Qualitätsmerkmal herausgreifen. Die Größe der Stücke. Und damit kommen wir auch wieder zurück zu unserem eigentlichen Spezialgebiet, dem Räuchern selbst.
Immer wieder hören wir die Frage, warum denn die Größe der Stücke ein hohes Qualitätskriterium sein soll? Die Frage ist berechtigt. Man kann zwar überall im Internet und in der Literatur finden, dass große Stücke die besseren sein sollen, aber ohne schlüssige Erklärung. Eine Stelle beschreibt, dass große Stücke eine höhere Konzentration an ätherischen Ölen beinhalten sollen. Aber wiederum ohne Erklärung warum. Das möchten wir gerne aufgreifen.
Aus dem Baum kommt zunächst, zumindest an einer Zapfstelle, das gleiche Harz. Und es werden da sowohl große als auch kleinere Tropfen gebildet, mit dem gleichen Harz. Allerdings kann es nach dem Austreten des Harzes schon zu Unterschieden kommen. Während der Trocknungszeit am Stamm und vor allem während der Trocknung und Lagerung nach der Ernte in einem schattigen Bereich, Höhle oder unter Dach, trocknet das Harz und es oxidiert an der Oberfläche. Gleichzeitig verdampft einiges an ätherischem Öl. Je größer das Verhältnis A/V, Oberfläche zu Volumen ist, desto mehr kann verdampfen und sich mit Sauerstoff chemisch umwandeln, d.h. oxidieren.  Dadurch sind große Stücke von Vorteil, da sie ein vorteilhafteres A/V Verhältnis haben als kleinere. Auch wenn diese dann zum Räuchern gebrochen werden, haben die kleinen Bruchstücke einen höheren Ölgehalt. Und dieser ist entscheidend für den Duft und die Wirkung beim Räuchern zuständig.
Hier ist noch, aber nur will man es mathematisch betrachten, zu beachten, dass sehr groß aussehende, aber flache Stücke ein schlechteres A/V Verhältnis haben als kleinere aber eher rundliche Stücke. Aber das ist nur der Vollständigkeit halber und für mathematisch begeisterte. Niemand wird danach aussortieren. Wir wollten nur aufzeigen, dass das mit der Größe der Stücke auch etwas relativ zu betrachten ist.
Auf jeden Fall wäre aber diese Erklärung einer besseren Qualität der großen Stücke recht plausibel. Wir meinen auch das größere Stücke und deren Bruchstücke besser duften.
Als humorvollen Abschluss unseres Blogs, noch ein Hinweis unseres omanischen Lieferanten. Auf einer unserer Schulungen im Dhofar Gebiet, fragten wir ihn natürlich beim Aussortieren auch, was es mit den großen Stücken auf sich hat. Warum Sie so sehr geschätzt und teuer sind. Seine plausible Antwort. „Sie sehen halt schön aus!“ Auch dem ist nichts hinzuzufügen.

Birgit und Bernhard Adler
für Fa. Kirchen-Weihrauch
01.05.2018